Immer komplexere Analyseverfahren: Trend zur Automation, Effizienz und Vernetzung hält anDie digitale Transformation im Labor

Wachsende Komplexität der Laborprozesse, Zeit- und Kostendruck und die Zunahme gesetzlicher Regelungen sind starke Treiber im Markt für Mess-, Analyse- und Labortechnik. Außerdem bestimmen Effektivität sowie die Trends zur Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Automation, Optimierung oder Vernetzung die weitere Entwicklung der Labore. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass in nahezu allen Produktionsbereichen von Wirtschaft und Industrie komplexe Mess- und Analysetechnik benötigt wird.
Sonja Augustin und Dr. Marco Nestola mit dem CHRONECT XPR.

(Bild: Axel Semrau, Fotografin Carola Frege Backhaus )

Unzählige Daten bestimmen den Alltag in den Laboren, egal für welchen Industriezweig sie arbeiten. Waren Pharma- und Lebensmittelbranche hier lange Zeit in Sachen Regularien und Kontrollen Vorreiter, stehen diese mittlerweile in allen Industriezweigen im Fokus. Datenqualität und Datenintegrität bestimmen die Prozesse. Beide Aspekte sind nicht austauschbar. Bei der Qualität der Daten geht es darum, ob sie geeignet sind, um eine Entscheidung zu fällen, bei der Integrität, ob den Daten zu trauen ist. Labortechniker setzen hier auf Systemlösungen, die diese Kriterien erfüllen, dabei den gesamten Prozess im Blick haben und dazu noch helfen, die Prozesse zu automatisieren. Und sie sollen auch noch größtmögliche Flexibilität und ein hohes Maß an Effizienz und Wirtschaftlichkeit garantieren. Wie das geht, zeigt der Laborspezialist Axel Semrau aus dem nordrhein-westfälischen Sprockhövel mit seiner Software CHRONOS sowie seinen applikativen Lösungen, die die Probenvorbereitung und die Analyse auf ein neues Level stellen.

Bei der Probenvorbereitung durch xyz-Autosampler werden Proben klassischerweise sequenziell nacheinander abgearbeitet. Das führt zu unnötigen Wartezeiten, in denen beispielsweise die Detektionssysteme nicht genutzt werden können. Zudem müssen unterschiedliche Geräte und Softwares für die Steuerung, Abarbeitung und Auswertung bedient werden. CHRONOS steuert Probenvorbereitung und Analyse so, dass die Probenvorbereitung mehrerer Proben verschachtelt abgearbeitet wird. Bei aller Geschwindigkeit dieses Verfahrens – Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit bleiben die wichtigsten Kriterien. So übernimmt CHRONOS auch noch die erforderliche Dokumentation des Prozesses.

Eine lästige Aufgabe: Herstellung von Kalibrierstandards

Ein gutes Beispiel stellt die Herstellung von Kalibierstandards im Routinelabor dar. Mehr und mehr sind solche Labore gefordert, strenge gesetzliche Vorgaben und Regelungen zu erfüllen. Die Herstellung stellt dabei einen hohen zeitlichen Aufwand dar. Denn es gilt nicht nur auf die korrekte Erstellung des Standards zu achten, sondern auch die hohen Anforderungen an die Dokumentation zu erfüllen. Für die Pestizidanalytik sind diese in dem SANTE-Dokument 12682/2019 geregelt. Diese Vorgaben lassen sich gedanklich auch auf andere analytische Fragestellungen übertragen. Das SANTE-Dokument stellt im Wesentlichen vier Anforderungen an die Herstellung von Kalibrierstandards:

  • Referenzsubstanzen und Stammlösungen sollen kühl, vorzugsweise im Gefrierschrank unter Ausschluss von Licht und Feuchtigkeit gelagert werden.
  • Die bei der Herstellung erstellte Dokumentation soll die volle Rückverfolgbarkeit aller Schritte sicherstellen.
  • Die Standards sollen dauerhaft gekennzeichnet sein und nach der Erwärmung auf Raumtemperatur erneut durchmischt werden.
  • Wenn bei der Standardherstellung Septen durchstochen werden, sollen diese so bald als möglich ersetzt werden.

Mit der CHRONECT Workstation MultiMix hat Axel Semrau hier eine optimale Lösung geschaffen, die auf dem modularen System der CHRONECT Robotic xyz-Autosampler basiert und durch die Software CHRONOS effektiv gesteuert wird.

Die Anforderungen nach SANTE werden dabei folgendermaßen erfüllt:

Die Stammlösungen werden in einem Peltier-gekühlten Schubladensystem gelagert, welches für den Ausschluss von Feuchtigkeit mit Stickstoff gespült wird. Durch das regelmäßige Verschließen der Schubladen, lagern die Standards im Dunkeln. Die Rückverfolgbarkeit wird durch den Einsatz von 2D-Barcodes sichergestellt. Die passenden Etiketten für die Stammlösungen werden direkt von der MultiMix-Software generiert und auf lösemittelbeständige Folie gedruckt. Ein Vertauschen ist somit faktisch ausgeschlossen, denn vor jeder Dosierung wird die Korrektheit der Stammlösung überprüft. Die erneute Durchmischung nach Erwärmung auf Raumtemperatur wird durch Einsatz eines Vortex-Mixers erreicht. Um zu verhindern, dass die Septen durchstochen werden, wird vor der Dosierung das Vial mit Hilfe eines DeCappers geöffnet und nach der Entnahme wieder verschlossen.

Über die MultiMix-Softwareplattform kann der Anwender jede Mixtur im Vorfeld planen und anhand vorgegebener Marker validieren lassen. So wird beispielsweise schon bei der Eingabe geprüft, ob überhaupt genug Ausgangsmaterial für die gewünschte Mischung zur Verfügung steht. Die CHRONECT Workstation MultiMix ermöglicht dank des hohen Grades an Automation die arbeitszeitunabhängige Herstellung von Kalibrierstandards und Arbeitsmixen bei höchster Genauigkeit und Reproduzierbarkeit. Jeder Schritt wird durch eine analytische Laborwaage überwacht, protokolliert und ggf. korrigiert. Die Nutzung von kalibrierten Mikroliterpipetten ermöglichen verschleppungsfreies Arbeiten bei maximaler Präzision.

Der ganze Ablauf erfolgt in deutlich geringerer Fertigungszeit im Vergleich zur manuellen Herstellung bei geringster Fehleranfälligkeit und hoher Datenintegrität.

Eine langwierige Aufgabe: Hochdurchsatz-Screening in der Synthesechemie

Wägeaufaben im Labor finden tagtäglich statt. Wann immer Substanzen im unteren Milligramm-Bereich eingewogen werden müssen – zum Beispiel bei der Optimierung von Synthesen – ist die manuelle Einwaage zeitaufwendig und dazu fehleranfällig. Hinzu kommt der Aspekt der Arbeitssicherheit, denn nicht selten werden auch toxische Stoffe eingewogen und dem weiteren Versuchsablauf zugeführt. Doch auch für solche Aufgaben haben die Experten eine verlässliche Lösung entwickelt. Unter Einbindung der exakten Dosier- und Wägetechnologie von Mettler-Toledo, einem Hersteller von Präzisionsinstrumenten und Dienstleistungen für den Einsatz im Labor und in der Fertigung, hat Axel Semrau einen automatisierten Wägeprozess für bis zu 32 Feststoffe geschaffen, den CHRONECT XPR. Ein typischer Workflow in der Syntheseoptimierung ist der Many-to-Many Ansatz: aus vielen Ausgangsstoffen lassen sich zahlreiche Formulierungen erstellen – schnell, reproduzierbar und ohne manuelle Interaktion. Die kompakten Maße des Systems ermöglichen den Betrieb unter Schutzgasatmosphäre oder im Laborabzug. Damit lassen sich auch solche Substanzen verwenden, die toxisch sind oder sich an der Raumluft zersetzen. Dass kein Mitarbeiter manuellen Umgang mit toxischen Substanzen hat, ist nur einer von vielen Vorteilen. Das System speichert lückenlos jeden Arbeitsschritt und protokolliert die Einwaagen mit Abweichungen sowie eventuellen Fehlerreports und gewährleistet damit höchste Datensicherheit. Der CHRONECT XPR ermöglicht einen hohen Individualierungsgrad: So sind unterschiedliche Gefäße – auf Wunsch auch kundenspezifische Gefäße – verwendbar. Die erhaltenen Daten werden im Bereich der organischen Synthese für die statistische Versuchsplanung (engl. Design of Experiments) verwendet. Diese effiziente Methode ermittelt aus einer Vielzahl von Parametern die relevanten Einflussfaktoren für einen Prozess oder ein Produkt. Neben der lupenreinen Nachverfolgung ist an dieser Stelle wichtig, dass nachgelagerte Systeme die erhobenen Daten weiterverarbeiten können. Über zahlreiche Schnittstellen wird der Datentransfer durch CHRONOS gewährleistet.

Außerdem gibt es je Anwendungszweck und Analysewunsch Erweiterungen zum Heizen, Schütteln oder Filtrieren. Keine Frage, so mancher Laborant sieht im CHRONECT XPR einen kooperativen Roboter für mehr Arbeitssicherheit. Vor vier Jahren zeichnete „Laborpraxis“ dieses Produkt als CHRONECT Quantos mit dem Application Award aus, für Axel Semrau die Bestätigung, für optimale Problemlösungen die Kooperation mit Kunden und Herstellern zu suchen.

Eine schmierige Aufgabe: Mineralölrückstände mittels LC-GC-FID bestimmen

Neben der lückenlosen Dokumentation von Prozessen, ist auch die Automatisierung dergleichen von hohem Stellenwert in den heutigen Laboren. Besonders im Lebensmittelsektor können raffinierte Systemlösungen große Vorteile bieten. Komplexe Lebensmittelmatrices erfordern nämlich oft präzise Probenvorbereitungen.

Bei der Herstellung von Lebensmitteln, Getränken, Futtermitteln, Kosmetika oder Verpackungen werden in den Produkten oft unerwünschte Mineralölrückstände gefunden, von denen einige der aromatischen Kohlenwasserstoffe (MOAH – mineral oil aromatic hydrocarbons) im Verdacht stehen, Krebs erregen zu können, während sich die gesättigten Kohlenwasserstoffe (MOSH – mineral oil saturated hydrocarbons) im menschlichen Körper ansammeln können. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist der Nachweis dieser Mineralölkontaminationen in Lebensmitteln daher von großem Interesse. Hier werden Lösungen benötigt, mit denen Labore in kurzer Zeit große Mengen an Proben automatisiert und mit höchster Zuverlässigkeit bearbeiten können. Die Gründe für die Kontamination sind vielfältig, etwa, weil recycelte Verpackungsmaterialien, die aus Zeitungen oder Zeitschriften erzeugt wurden, Verwendung fanden. Dann sind die beim Druck verwendeten mineralölhaltigen Druckfarben verantwortlich für eine Gasphasenmigration in die Lebensmittel. Auch Havarien während des Transports oder der Produktion eines Lebensmittels sowie die Verwendung von Schmierstoffen auf Mineralölbasis innerhalb der Produktionskette zählen zu den Auslösern.

Der Labortechnikspezialist Axel Semrau hat mit der CHRONECT Workstation MOSH/MOAH einen Komplettarbeitsplatz zur Bestimmung von Mineralölkontaminanten im Programm, der dank des 2-Kanal-Setups die zeitgleiche Bestimmung von MOSH und MOAH in einem Gaschromatographen-Lauf ermöglicht und dabei die Analysezeit halbiert. Damit haben Labore die Gewähr, Proben schnell, zuverlässig und automatisiert zu analysieren. Bei der Bestimmung der Mineralölrückstände nutzt Axel Semrau die bewährte Methode der Kopplung aus Flüssigkeits- und Gaschromatographie mit abschließender Flammenionisationsdetektion. Die so genannte Online LC-GC-FID Kopplung gilt als Herzstück des Systems und gewährleistet neben dem hohen Probendurchsatz, eine gute Empfindlichkeit und reproduzierbare Werte. CHRONOS übernimmt auch hier die komplette Steuerung des Arbeitsprozesses. Probenvorbereitungen und Analysen werden effektiv verschachtelt. Die spezialisierte Auswertepakete Chrolibri sowie Hump Inspector, die von Anwendern für Anwender entwickelt wurde, runden das Gesamtpaket ab.

Eine unmögliche Aufgabe: PAK: Maximaler Probendurchsatz bei minimalem Arbeitsaufwand?

Ebenfalls zu den gesundheitsschädigen Kontaminationen in Lebensmitteln zählen Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Sie gehören zu den am meisten untersuchten Kontaminanten in unterschiedlichen Matrices. Sie gelten teilweise als hochgradig krebserregend, außerdem ist diese Stoffgruppe weit verbreitet. Sie entstehen bei unvollständigen Verbrennungen und Pyrolyseprozessen. In die Umwelt gelangen sie durch Rauchgase, gebunden an Staubpartikel oder Mineralölrückstände. In Lebensmittel gelangen sie entweder durch Eintrag aus der Umwelt, beispielsweise Staubpartikel auf großblättrigem Gemüse, oder durch Röst- und Räucherprozesse. Die PAK-Bestimmung mit der nötigen Empfindlichkeit ist in der Vielzahl an möglichen Lebensmittelmatrices eine große Herausforderung für die Analytik. Allein die Probenvorbereitung ist umfangreich und zeitaufwändig. Ziel muss es daher sein, diese Probenbearbeitungszeiten (Turn Around Time) zu verringern und ohne Einbuße bei analytischen Kenngrößen wie Empfindlichkeit, Präzision und Richtigkeit den Probendurchsatz zu erhöhen.

Auch hier bildet die Online LC-GC-Kopplung von Axel Semrau eine ideale Grundlage für ein solches Applikationssystem. Die konventionell langwierige Probenvorbereitung wurde durch Verbindung der LC-GC-Technik und dem CHRONECT Robotic auf ein Minimum reduziert: Es bleibt lediglich eine schnelle Extraktion der Probe notwendig. Der erhaltene Extrakt wird im LC-GC-System durch eine zweistufige LC-Trennung aufgereinigt (LC-LC-Clean-Up) und anschließend mittels GC-MS analysiert. Speiseöle können sogar teils ohne Probenvorbereitung vermessen werden. Durch ein intelligentes Matrixmanagement wird es so möglich, die PAK, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelreinheit (EFSA) zur Analyse vorgeschrieben sind, vollautomatisch zu bestimmen. Je nach Detektor werden Nachweisgrenzen erreicht, die um den Faktor 100 geringer sind, als die vorgeschriebenen europäischen Grenzwerte für Säuglingsnahrung.

Axel Semrau zählt zu den weltweit führenden Unternehmen im Bereich der LC-GC-Applikationen (MOSH/MOAH, Cholesterin, PAK, Sterine u.w.) und legt einen Schwerpunkt auf die effiziente Automatisierung von komplexen Arbeitsabläufen im Labor.

Flexible Arbeitszeiten für Labormitarbeiter – Längst Realität!

Robotergesteuerte Anwendungen, wie die zuvor genannten helfen, die Tätigkeiten von Laboranten von strikten Arbeitszeiten zu entkoppeln und Arbeitszeiten flexibler zu planen – ein Trend, der durch die Regelungen im Rahmen der Corona-Pandemie beschleunigt wurde.

Das Unternehmen Axel Semrau setzt weiter auf enge Zusammenarbeit mit Kunden und Herstellern. Das Ergebnis ist eine permanente Weiterentwicklung der Anwendungen im Bereich der Labortechnik, die dem Wunsch der Kunden nach Herstellerunabhängigkeit genauso Rechnung tragen, wie dem nach hohem Automatisierungs- und Individualisierungsgrad. Dabei basiert der Ansatz der Entwickler mehr denn je auf Modularität, komplexen Algorithmen und Vernetzung der Systeme. Keine Frage, die digitale Transformation im Labor hat längst stattgefunden.