Containment-Messung im PraxistestVor der Installation die Rückhalteleistung einer Containment-Anlage vorhersagen zu können, wäre für Pharmahersteller äußerst wertvoll. Mit dem Containment Guard hat Fette Compacting ein Messsystem entwickelt, das genau das ermöglichen soll. Doch stimmen die Daten aus dem Testlabor auch mit Werten aus der Praxis überein? Dr.-Ing. Martin Schöler, Head of Engineering & Design bei Fette Compacting stellt Ergebnisse vor, die besagen: Es funktioniert.

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Autor Dr.-Ing. Martin Schöler, Head of Engineering & Design, Fette Compacting (Bild: Fette Compacting) Beim Thema Containment herrscht zwischen Pharmafirmen und Maschinenherstellern alles andere als blindes Vertrauen. Die pharmazeutische Industrie verarbeitet immer größere Mengen toxischer und hochaktiver Wirkstoffe, wie sie für Krebs- und Hormontherapien genutzt werden. Jeder vierte Wirkstoff ist ein hochwirksames APIJeder vierte Stoff, der sich aktuell in der Entwicklung befindet, ist hochpotent. Das steigert die Anforderungen an den Bedienerschutz, den die Hersteller mit immer leistungsstärkeren Containment-Anlagen gewährleisten. Allerdings gehen die Pharmakonzerne nicht davon aus, dass ihre Maschinenlieferanten die Leistung eines Containment-­Systems zuverlässig vorhersagen können. Bildergalerie

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Wie gut ist das Containment?Das liegt daran, dass sich die Containment-Performance einer Anlage bislang nur schwer kalkulieren ließ. Messungen für kom­plexe Maschinen wie Tablettenpressen produzieren sehr subjektive Ergebnisse, da Faktoren wie Umgebungsbedingungen oder Bedienerqualifikation eine entscheidende Rolle spielen.
Vor der Installation die Containment-Leistung einer Anlage zu kennen, wäre für Pharmahersteller allerdings äußerst wertvoll: Bei einer neuen Anlage muss das benötigte Con­tainment-Level bereits in einem sehr frühen Projektstadium festgelegt werden. Über wie viel Rückhalteleistung ihre neue Anlage tatsächlich verfügt, erfuhren Pharmahersteller bislang erst durch eigene Messungen. Die sind allerdings erst möglich, wenn Maschine und Containment-System bereits am Fertigungsstandort installiert sind. Zu viel Containment ist teuerDa Containment-Technologie verhältnismäßig teuer ist, birgt also jede Neuanschaffung ein hohes finanzielles Risiko für den Projektleiter: Entscheidet er sich für zu viel Containment, entstehen unnötige Kosten. Kalkuliert er knapper, aber auf Basis einer unzuverlässigen Containment-Bewertung, schafft er vielleicht eine Anlage mit ungenügender Rückhalteleistung an. Um trotzdem den Bedie­nerschutz zu gewährleisten, muss er die Maschine aufwändig nachrüsten lassen. Wieder entstehen unnötige Kosten.
Strukturiertes Vorgehen mit dem Containment GuardEine Lösung für dieses Problem liefert der Maschinenhersteller Fette Compacting mit dem Con­tainment Guard. Dabei handelt es sich um ein risikobasiertes Messverfahren nach den Kriterien der International Society for Pharmaceutical Engineering (ISPE), das die Rückhalteleistung der Anlage mittels reproduzierbarer Messmethodik ermittelt und die tatsächliche Leistung der Anlage unter realen Produktionsbedingungen zuverlässig vorhersagt. Im Gegensatz zu den bisherigen Standard- messungen folgt der Containment Guard einem Protokoll, dessen Methodik sowohl Fehlerszenarien berücksichtigt als auch Arbeitsschritte einbezieht, die zuvor nicht analysiert wurden. Dafür arbeitet er mit Expositionsmessungen, die Fette Compacting seit 2018 in seinem Competence Center in Schwarzenbek durchführt. In sieben Cycles zum optimalen ContainmentIn sieben Messszenarien, den so genannten „Cycles“, ermittelt das Verfahren die speziellen Containment-Anforderungen einer Anlage. Dafür werden Tablettenpressen und Prozess-Equipment in allen denkbaren Zusammenstellungen aufgebaut und unter Labor- bedingungen in einer festen Reihenfolge auf ihre Rückhalteleistung getestet. Bislang lagen allerdings keine empirischen Daten darüber vor, wie sich die im Labor ermittelte Rückhalteleistung zu den Werten verhält, die Pharmahersteller anschließend in der Praxis messen. Erst dieser Abgleich lässt Rückschlüsse darauf zu, welche Kriterien bei der Dimensionierung des Containments für Tablettenpressen eine Rolle spielen und wie sich Kosten für falsch dimensionierte Systeme vermeiden lassen. Wie gut die Werte sind zeigt der PraxistestUm hier Klarheit zu schaffen, tauscht Fette Compacting seit einiger Zeit mit Kunden Messergebnisse aus und vergleicht deren Datensätze mit den eigenen. Eines dieser Unternehmen, ein weltweit agierender Phar­makonzern, teilte mit Fette Compacting die Messdaten zur Tablettenpresse 2090i Wip, auf der schon seit einigen Jahren hochaktive Wirkstoffe verarbeitet werden. Der Abgleich mit den Containment Guard-Werten der gleichen Maschinenzusammenstellung offenbarte eine fast perfekte Übereinstimmung. Das macht deutlich, dass sich der Maschinenbauer durch viele Jahre Forschung und Entwicklung ein profundes Verständnis der wichtigsten Einflussfaktoren im Con­tainment erarbeitet hat. Die verglichenen Datensätze ­zeigen unmissverständlich, dass der Containment Guard seinen Praxistest als zuverlässiges Prognosewerkzeug bestanden hat. Je weniger Transferprozesse, desto besser das ContainmentMit diesem Ergebnis konnte Fette Compacting weiterhin seine Annahme bestätigen, dass Transferprozesse maßgeblich über die Rückhalteleistung einer Anlage mitentscheiden. In der Praxis bedeutet das: Je weniger Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessschritten existieren, desto weniger Wirkstoff tritt aus der Maschine aus. Das An- und Abdocken von Containern ist feh­leranfällig, weil es nach wie vor oft manuell durchgeführt wird. Selbst wenn menschliche Fehler ausbleiben, entsteht zwangsläufig Exposition. Je mehr Komponenten im laufenden Prozess an- und abgedockt werden, desto mehr Wirkstoff wird folglich freigesetzt.Eine weitere Erkenntnis ist, dass man sich für eine sinnvolle Beurteilung der Rückhalteleistung nicht auf die Analyse einzelner Komponenten beschränken darf. Entscheidend ist vielmehr, die Containment-Anlage als Ganzes zu betrachten. Das Air-Management, also die Luftführung der Gesamtanlage, spielt z.B. eine zentrale Rolle und sollte deshalb als maßgeblicher Faktor bei der Entwicklung eines Containment-Systems berücksichtigt werden. Wer Containment-Wissen teilt profitiert doppeltDerzeit arbeitet Fette Compacting mit mehreren namhaften Kunden aus der Pharmawelt zusammen, um aus weiteren Messwertvergleichen zusätzliche Erkenntnisse abzuleiten und das gemein- same Wissen über gutes Containment auf eine breite Basis zu stellen. An diesem Datenaustausch sind die meisten Pharmahersteller sehr interessiert. Das ist nicht verwunderlich, immerhin profitieren auch die Pharmakonzerne von diesem Wissensabgleich: Für Projektverantwortliche ist es hilfreich, die eigenen Messergebnisse mit einem externen Partner zu spiegeln. Das Vieraugenprinzip stärkt die Gewissheit, dass man richtig gemessen hat und keine Überraschungen drohen. Darüber hinaus gibt der Datenaustausch dem Projektverantwortlichen die Sicherheit, dass er künftig auf die Messungen des Maschinenherstellers vertrauen kann.Traditionell sind in der Pharmawelt alle Akteure am Austausch von Daten und Know-how interessiert. In Bereichen wie Tablettierung, Equipment, Prozessmanagement und Arbeitsschutz teilt man sein Wissen schon lange. Beim Containment gab es bislang einfach nicht viel, was man miteinander hätte teilen können. Das ändert sich gerade.Ergänzendes zum ThemaContainment Guard-MessverfahrenStrukturiertes VorgehenZu Beginn des Messdurchlaufs wird die Grundbelastung des Messraums mit der Testsubstanz ermittelt. Anhand dieses Werts kann eine bessere Einordnung der nachfolgenden Versuchszyklen erfolgen.Der Bediener richtet die Tablettenpresse ein und startet den Betrieb. Um die Rückhalteleistung während der laufenden Produktion zu messen, arbeitet die Maschine eine halbe Stunde im Normalbetrieb. Auch typische Prozesse wie das Ziehen von Mustertabletten für die Qualitätskontrolle werden in diesem Zyklus getestet.Der Bediener schleust Stempel und Werkzeug durch den Rapid Transfer Port (RTP) in die Maschine. Anschließend nutzt er die Handschuheingriffe, um die Stempel zu wechseln. Am Ende des Cycles werden die Werkzeuge wieder aus der Anlage entnommen.Der Fehlertest simuliert einen Stromausfall. Dafür laufen die Tablettenpresse und die Filtereinheit zunächst fünf Minuten im regulären Betrieb und werden dann abgeschaltet. Ab diesem Punkt übernimmt das Notfallsystem des Air-Management-Systems. Die anschließende Messung dauert 25 Minuten.Über die Handschuheingriffe fasst der Bediener in den Maschineninnenraum und führt eine Innenraumreinigung des Pressraums und gegebenenfalls des Isolators durch. Je nach Anlage wird zudem eine Handwaschpistole eingeschleust und die Komponenten werden manuell nachgereinigt. Anschließend startet das Waschprogramm. Die ganze Zeit bleiben die Fensterklappen der Maschine geschlossen.Prozess-Equipment entfernenDer Aufwärtsentstauber und der Checkmaster des Geräts werden abgedockt. Für diesen Schritt gibt es zwei Messszenarien: Tablettenpresse mit Isolator und Tablettenpresse mit waschbarem Prozess-Equipment. Wird eine Maschine mit Isolator gemessen, entfällt dieser Schritt und es geht nach Cycle 5 direkt mit Cycle 7 weiter.Der Bediener öffnet die Fensterklappen und baut die Fill-O-Matic und die Stempel aus. Die Tablettenpresse wird feucht ausgewischt.Ergänzendes zum ThemaNachgefragtDr.-Ing. Martin Schöler, Head of Engineering & Design bei Fette Compacting? Herr Dr. Schöler, welche Erkenntnisse hat Fette Compacting durch die Arbeit am Containment Guard und dem Datenaustausch mit Pharmafirmen gewonnen?Schöler: Wir konnten unsere Annahme bestätigen, dass Transferprozesse maßgeblich über die Rückhalteleistung einer Anlage mitentscheiden. In der Praxis bedeutet das: Je weniger Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessschritten existieren, desto weniger Wirkstoff tritt aus der Maschine aus. Das An- und Abdocken von Containern ist immer fehleranfällig, weil Menschen es nach wie vor auch manuell durchführen. Selbst wenn dabei keine Fehler gemacht werden, entsteht zwangsläufig eine Exposition. Je mehr im laufenden Prozess an- und abgedockt wird, desto mehr Wirkstoff wird freigesetzt. Handbuch fasst Ergebnisse zusammenFette Compacting hat die Ergebnisse aus mehreren Jahren Forschung und Entwicklung in einem Handbuch zusammengefasst und stellt damit sein gesammeltes Containment-Wissen der Branche zur Verfügung. Es beschreibt die Grundlagen und Randbedingungen eines systematischen Messverfahrens und skizziert, in welcher Reihenfolge die relevanten Systemzustände eines Tablettiersystems erfasst werden müssen, um die Rückhalteleistung einer Anlage zuverlässig vorherzusagen. Diese Darstellung legt die Grundlage für ein Containment-Verständnis, das Sicherheit optimieren, Kosten sparen und der gesamten Branche zugutekommen wird. * * Der Autor ist Head of Engineering & Design bei Fette Compacting, Schwarzenbek. Kontakt: Tel. +49-4156-112-0
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