Safety Einfach und effizient sicher Ein Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen setzt auf die neuste Version integrierter Sicherheits-Software seines bevorzugten CNC-Systems. Damit erfüllt er die aktuellen Vorgaben der Maschinensicherheitsnorm EN ISO 19085-3 (C-Norm) ohne viel Aufwand.

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Reichenbacher Hamuel setzt dazu seit Jahrzehnten auf die Premium-CNC Sinumerik 840D sl von Siemens – und neuerdings auf die integrierte Sicherheits-Software Safety Integrated plus. (Bild: Siemens ) Seit Mitte 2018 fordert die Norm DIN EN ISO 19085-3 beim Betrieb von Holzbearbeitungsmaschinen zwingend die sichere Überwachung der Spindeldrehzahl. Wird diese um mehr als 10 % überschritten, muss der treibende Motor in einer definierten Zeit bis zum Stillstand abgebremst und in einen sicheren Zustand überführt werden. Die Norm schreibt dafür nun explizit Performance Level c (Wert für die Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls) vor. Damit war auch bei der Reichenbacher Hamuel GmbH der Zeitpunkt abzusehen, an dem die maschinenspezifische C-Norm für die eigene Elektrokonstruktion praxisrelevant wird. Das Unternehmen aus dem oberfränkischen Dörfles-Esbach stellt CNC-Bearbeitungszentren für Handwerk und Industrie her, unter anderem für die Holzbearbeitung. Die Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung von Spindeln wurde bisher mit Gebern und separater Sicherheitstechnik, wie Stillstandswächtern, realisiert.Bildergalerie




Ergänzendes zum ThemaIndividuelle Lösungen für hocheffiziente CNC-BearbeitungMit mehr als 4.000 Maschinen im Feld gehört Hamuel Reichenbacher zu den weltweit führenden Anbietern von CNC-Bearbeitungszentren für unterschiedlichste Anwendungen von Losgröße 1 bis zur Serienfertigung. So hat sich das oberfränkische Unternehmen längst weit über die klassische Holzbearbeitung hinaus entwickelt und realisiert seit nunmehr über 60 Jahren anwenderspezifische Fertigungslösungen für die CNC-Bearbeitung von Aluminium, Kunststoffen und anspruchsvollen Verbundwerkstoffen. Der Maschinenbauer hat mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in der 5-Achs- und Mehrachstechnologie. Zu den Endkunden zählen führende Unternehmen aus dem Automobil-, Flugzeug-, Fassaden-, Möbel-, Türen-, Fenster- und Treppenbau sowie aus vielen weiteren Industriezweigen. Die Reichenbacher Hamuel GmbH ist Teil des Firmenverbunds Hamuel Reichenbacher und ein Unternehmen der international agierenden Scherdel-Gruppe, die derzeit rund 6.000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt.
Konkret gefordert waren die Oberfranken, als eine renommierte deutsche Pianofortefabrik ein CNC-Bearbeitungszentrum der Baureihe Eco orderte. Der langjährige Reichenbacher-Kunde wollte eine Lösung mit zwei Maschinentischen für paralleles Bearbeiten und Rüsten von Bauteilen für Klaviere und Flügel. Herzstück der Bearbeitung sollte ein bewährtes kardanisches 5-Achs-Fräsaggregat von Reichenbacher sein, mit einer (beigestellten) geberlosen Spindel, die der Anwender schon vor dem Inkrafttreten besagter C-Norm als Standard spezifiziert hatte. Für diese Spindel musste eine normkonforme, einfach handhabbare und möglichst wirtschaftliche Lösung zur sicheren Drehzahlüberwachung generiert werden. Diese sollte idealerweise nicht mehr nur in wenigen fest definierten Stufen greifen, wie bisherige Ansätze, sondern über den gesamten Drehzahlbereich hinweg flexibel genutzt werden. Beim ersten Projekt bis zu einer Drehzahl von maximal 18.000 min-1. Sparen mit Safety IntegratedSicherheitsrelevante Aufgaben löst Reichenbacher an praktisch all seinen CNC-Maschinen traditionell mit der integrierten Sicherheits-Software Safety Integrated seines CNC-Systems, der Sinumerik 840 von Siemens. Nach einem weiteren Innovationsschritt hat Siemens zur Emo 2017, für den Maschinenbauer auf den Punkt genau, eine neue Version seiner Sicherheits-Software vorgestellt: Safety Integrated plus. Diese nutzt die integrierte fehlersichere PLC (F-PLC) der Sinumerik und unterstützt neben allen bisherigen Sicherheitsfunktionen nun zusätzlich die Sichere Drehzahlbegrenzung an geberlosen Spindeln (Safely-Limited Speed/SLS encoderless), die Sichere Drehrichtungsüberwachung (Safe Direktion/SDI), sowie die Sichere Position (Safe Position/SP).
Anlass, die neue Software zu testen, war einerseits die konkret gewordene Forderung der Maschinensicherheitsnorm. „Andererseits wollten wir eruieren, in welchem Umfang sich damit zukünftig im Engineering, bei der Hardware sowie der Verdrahtung Aufwand und Kosten einsparen lassen“, erklärt Programmierer Dominik Langhojer von Reichenbacher. Effizientes Engineering im TIA-PortalGrundlegende Neuerung an Safety Integrated plus ist, dass sämtliche Sicherheitsfunktionen in der integrierten F-PLC der Sinumerik ablaufen und nun ausschließlich im Engineering Framework Totally Integrated Automation Portal (TIA-Portal) projektiert und programmiert werden. Allein das halbiert den Aufwand und eliminiert Übertragungsfehler vollständig. Die Bewegungsüberwachung zur Laufzeit erfolgt im Antriebssystem Sinamics S120. Damit werden nicht mehr zwei separate Sicherheitsprogramme für den NC-Kern (NCK) und die PLC der Sinumerik erstellt und aufeinander abgestimmt, sondern nur noch eines für die F-PLC. Weitere Zeitgewinne bringt die grafische Bedienoberfläche von Simatic Step 7 Professional im TIA-Portal, die den Programmierer mit komfortablen Editoren in allen Belangen unterstützt, ihn auch intuitiv, schnell und sicher zum lauffähigen Sicherheitsprogramm führt.Dazu tragen vorgefertigte, zertifizierte Bausteine für gängige Sicherheitsfunktionen bei. Diese ließen sich einfach per Drag-and-Drop ins Programm übernehmen und Reichenbacher konnte Anforderungen wie Zweihandbedienung, Not-Halt, sichere Relais und die einkanalige Rückmeldung sehr komfortabel lösen. Was es nicht vorgefertigt gibt, generiert der Anwender einfach selbst, so dass er schnell zum individuellen Sicherheitsprogramm gelangt. Dabei gibt es im TIA-Portal auch keine Unterschiede mehr beim Erstellen des Ablauf- und des Sicherheitsprogramms, das Procedere ist identisch. Die nun strikte Trennung der Funktionalität von Steuerungs- und Antriebsteil verbessert generell die Übersicht. „Alles ist eindeutig und klar zugeordnet, das vereinfacht auch die Diagnose deutlich“, so der Programmierer. Den Einstieg in die neuen Abläufe unterstützten zudem umfangreiche Hilfstexte. Menügeführte Inbetriebnahme spart ZeitSafety Integrated plus lässt sich mit allen aktuell lieferbaren NCUs des CNC-Systems Sinumerik 840 (ab Version 4.8 Service Pack 2) nutzen und über die Bedienoberfläche Sinumerik Operate komfortabel in Betrieb nehmen. Für die Parametrierung der Sicherheitsfunktionen stehen intuitive Eingabemasken zur Verfügung. Damit ließ sich auch die Funktion Safely-Limited Speed (SLS) encoderless komfortabel parametrieren. Mit wenigen Eingaben, wie der Verzögerungszeit, der Drehzahl-/Geschwindigkeitsstufen und der entsprechenden Stoppreaktion bei einer Grenzwertüberschreitung wurde die Überwachung einfach umgesetzt. Neu in Safety Integrated plus ist ein erweiterter SLS-Override in der SLS-Stufe 1 bei der Vorgabe über das Profisafe-Protokoll, der einfach zu aktivieren ist. Hier hat der Anwender die Möglichkeit, die SLS-Grenze nahezu stufenlos zwischen 0 und 100 % über die integrierte F-PLC zu verändern. Mit einem Safe Stop 1 (SS1) und anschließendem Übergang in den Sicheren Halt (Safe Torque Off/STO) wird die Spindel beim Überschreiten der vorgegebenen Drehzahl sicher stillgesetzt. Genutzt wurde zudem die Funktion Safe Speed Monitor (SSM), die ein sicherheitsgerichtetes Signal liefert, solange der Antrieb wahlweise unterhalb oder oberhalb einer definierten Drehzahl arbeitet.Das menügeführte Procedere beschleunigt auch die Inbetriebnahme um bis zu 20 %, so die Einschätzung seitens Siemens. „Nach einer gewissen Eingewöhnung und mit einem entsprechend strukturierten Arbeitsablauf ist dies sicher//durchaus zu erreichen“, sagt Dominik Langhojer. Vor allem dann, wenn man aus einem einmal erarbeiteten Fundus schnell aus seiner eigenen Bibliothek im TIA-Portal schöpfen kann. Und je größer die Arbeitsanteile im TIA-Portal werden, umso mehr wird sich das über Steuerungs-, Peripherie-, HMI– (hier Sinumerik Operate) und Antriebstechnik durchgängige Engineering auszahlen. „Dies lassen erste Erfahrungen im Umgang mit Simatic WinCC im Bereich unserer CNC-Maschinen erwarten“, so der Programmierer weiter.Neben der sicher begrenzten Geschwindigkeit für die geberlose Spindel hat er auch alle anderen Sicherheitsfunktionen für das CNC-Bearbeitungszentrum ECO mit Safety Integrated plus umgesetzt. Unter anderem das koordinierte Stillsetzen interpolierender Achsen (Safe Stop 2 extern/SS2e) und die Übertragung sicherer Positionswerte an die Steuerung (Safe Position/SP). Sämtliche Funktionen wurden ebenfalls in Sinumerik Operate im – so der Programmierer – „weiter verbesserten Abnahmetest“ verifiziert. Das automatisch generierte Abnahmeprotokoll ist für den Hersteller ein Beleg für die geprüfte funktionale Sicherheit seiner Maschine.Um eine Art Standard zu schaffen, will der Maschinenbauer künftig auch an Spindeln mit Geber die Drehzahlüberwachung mit Safety Integrated plus realisieren. Dabei muss ein eventuell für die Antriebsregelung vorhandener Geber nicht die Anforderungen eines sicheren Gebers erfüllen. Mit einer durchgängig Software-basierten Umsetzung aller Sicherheitsfunktionen erübrigt sich zusätzliche Hardware und der damit einhergehende Verdrahtungsaufwand, was letztlich ebenfalls Kosten spart. Weiterhin zweigleisigSiemens bietet das antriebsbasierte Safety Integrated plus für die Sinumerik 840 zusätzlich zur etablierten Version an, die auch weiterhin erhältlich ist. Mit beiden lässt sich die gleiche Sicherheit erreichen. Für beide Versionen kostenlos verfügbar ist auch das Safety Evaluation Tool (SET), ein Werkzeug, das die Einhaltung der entscheidenden Normen einfach macht. Konkret unterstützt SET bei der Berechnung des Performance Levels (PL) gemäß DIN EN ISO 13849 sowie des Safety Integrity Levels (SIL) gemäß DIN EN 62061. Das Tool führt den Anwender zuverlässig durch alle Berechnungsschritte und ermittelt schrittweise den erreichten Performance Level beziehungsweise die erreichte Sicherheitsintegrität – von der Festlegung der Systemstruktur bis zur Auswahl der Komponenten. Ergebnis ist ein normenkonformer Report, der als Sicherheitsnachweis für die Dokumentation dient. (ud)SPS 2019: Halle 11, Stand 100 * Daniela Jack, Product Management Safety Integrated, Siemens AG
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