Arbeits- und Anlagensicherheit Das Erste Gebot der Anlagensicherheit: Safety First!
Ein Gastbeitrag von Daniel Oryan, Geschäftsführer/Managing Director, EDL Anlagenbau Gesellschaft
Unfälle, Störfälle oder ungeplante Stillstände möchte keiner – aber einfach nur aufs Beste hoffen wird nicht reichen. Wer Arbeits- und Anlagensicherheit in der Prozessindustrie ernst nimmt, braucht ein geplantes Vorgehen. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Strategie und starken Partnern lässt sich dem Zufall der Zahn ziehen.
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Auf dem Gelände einer Raffinerie oder eines Chemiewerks tritt aus unbekannter Ursache eine brennbare Flüssigkeit aus, die sich entzündet und in Folge zu einer Explosion führt. Dabei kommt es zu einer Vielzahl von Verletzten und sogar Toten. Eine Katastrophensituation, die kein Unternehmen der Raffinerie-, Chemie- oder Petrochemiebranche erleben möchte.
In der DACH-Region sind Gasalarme und Evakuierungen aufgrund von Gefahren in den genannten Industrien äußerst selten. Dies ist auf umfassende Sicherheitsmaßnahmen, strikte Einhaltung der Vorschriften und kontinuierliche Anlagenüberwachung zurückzuführen. Auszuschließen sind solche Gefahrenszenarien jedoch nicht gänzlich – Schließlich sind Anlagen der Prozessindustrie hochkomplex und verarbeiten Gefahrenstoffe unter hohen Temperaturen und Drücken. Daher sind die Anforderungen an die Arbeitssicherheit besonders hoch. Das oberste Gebot bei Planung und Betrieb lautet immer „Safety first“, um Unfälle zu vermeiden, Menschen zu schützen sowie negative Auswirkungen auf die Umwelt auszuschließen bzw. auf ein Minimum zu reduzieren.
Darum ist Anlagen- und Arbeits-Sicherheit Chefsache
Für die EDL Anlagenbau Gesellschaft aus Leipzig (Teil der Pörner Gruppe) hat Arbeits- und Anlagensicherheit höchste Priorität: Ziel des Unternehmens ist, dass die konzipierten, komplexen Anlagen zu den sichersten ihrer Art gehören. Dies gilt auch für alle Baustellen, die unter der Leitung von EDL stehen. Erreicht wird dieses Ziel durch ein vorausschauendes Sicherheitsmanagement, eine Vielzahl an Analysen sowie durch eine präzise, vorausschauende Planung, die das eingespielte Team mit hohem Verantwortungs- und Sicherheitsbewusstsein konsequent und zuverlässig umsetzt.
Für EDL ist dieses Thema nicht nur Theorie, sondern gelebte Praxis. So fand im Februar des Jahres ein Safety Walk Audit auf der Baustelle der Gunvor Raffineriegesellschaft Ingolstadt statt. Die Leipziger übernahmen im Rahmen des EPCm-Vertrages auch die Bauleitung in diesem Projekt zum Neubau einer Rauchgasentschwefelungsanlage und waren für die Sicherheit der Abläufe auf der Baustelle vor Ort verantwortlich. Der Anspruch lautete auch in diesem Projekt: #zero accidents!
Vor Ort konnten sich Raffinerieleiter Ralf Seid und EDL-Geschäftsführer Daniel Oryan persönlich von der Einhaltung des HSSE-Managementsystems überzeugen: Zur Zufriedenheit aller Beteiligten verlief das Audit während des Turnarounds ohne Beanstandungen. Sicherheit steht auch bei Hylube3,einer Altölaufbereitungsanlage für die Öl-Kreislaufwirtschaft, im Fokus: Dort führten das EDL-Team und Geschäftsführer Daniel Oryan Mitte Oktober beim Auftraggeber Puraglobe in Tröglitz auf der Baustelle einen Sicherheitsrundgang durch.
Sicher ist sicher: QHSE als Teil der Unternehmenspolitik
Die QHSE-Politik, zertifiziert nach DIN EN ISO 9001 und an ISO 45001 orientiert, ist integraler Bestandteil der Unternehmenspolitik und wird konsequent im QHSE-Managementsystem umgesetzt. Eine ganzheitliche Betrachtung ist dabei wichtig, um potenzielle Gefahren zu minimieren oder auszuschließen und Ressourcen zu schützen. Die Umsetzung erfordert das Engagement auf allen Ebenen des Unternehmens. Die Förderung einer Sicherheitskultur ist daher ein wichtiger Aspekt der Arbeitssicherheit. Regelmäßige Schulungen der Belegschaft zu Themen wie Umgang mit Gefahrstoffen, Notfallmaßnahmen und die regelmäßige Überprüfung der Sicherheitsverfahren tragen dazu bei.
Die Expertinnen und Experten aller Disziplinen integrieren alle für ihren Fachbereich notwendigen sicherheitstechnischen Maßnahmen von Anfang an in die Planung. Bei der verfahrenstechnischen Bearbeitung eines Projektes spielen u. a. folgende Punkte eine wichtige Rolle:
- HAZOP-Studien (Hazard and Operability Studies): Bei HAZOP-Studien analysiert EDL systematisch potenzielle Gefahren und identifiziert Abweichungen von normalen Betriebsbedingungen und mögliche Auswirkungen. Darüber hinaus entwickelt das Team Maßnahmen zur Risikominimierung und Verbesserung der Anlagensicherheit. Solche Maßnahmen beinhalten z. B. zusätzliche sicherheitsgerichtete Abschaltungen und/oder Sicherheitsventile.
- SIL-Einstufung: Bei der SIL-Einstufung werden sicherheitskritische Komponenten und Systeme identifiziert und die erforderlichen Sicherheitsintegritätslevel (Safety Integrity Level, SIL) bewertet. Zudem werden SIL-Analysen gemäß Standards wie IEC 61508 und IEC 61511 durchgeführt.
- Fackelstudien: In Fackelstudien wird das Fackel- und Sicherheitssystem einer Anlage untersucht und Sicherheitsaspekte für den Normalbetrieb, bei Abweichungen und bei Notfallsituationen bewertet. Auf dieser Grundlage werden Sicherheitsmaßnahmen für den Betrieb der Fackel und zur Vermeidung von Auswirkungen auf die Umwelt abgeleitet und erforderliche Maßnahmen festgelegt.
- Safeguarding Memorandum: Das Safeguarding Memorandum wird als zentrales Dokument geführt. Darin werden alle sicherheitstechnischen Schutzmaßnahmen und -systeme dokumentiert und einzelne Sicherheitsfunktionen, Alarme und Schutzeinrichtungen beschrieben. Außerdem werden Verantwortlichkeiten und das Betriebsverfahren für die dargelegten Maßnahmen klargestellt.
Safety Walk Audit auf der Baustelle der Gunvor Raffineriegesellschaft Ingolstadt.
Neben den vorgenannten Punkten führt EDL IPF Workshops (Interdisciplinary Process Flow Workshops) durch. Dabei arbeiten Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen zusammen, analysieren die jeweiligen Prozessflüsse und identifizieren potenzielle Gefahrenpunkte. Daraus leiten sie notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und zur Verbesserung der Prozesssicherheit ab.
Weiterhin werden Anlagenmodelle und -pläne in verschiedenen Phasen der Planung mit allen Fachgewerken und Beteiligten überprüft. Diese Model Reviews zeigen den Bearbeitungsstand und die Umsetzung der Vorgaben üblicherweise mit den Meilensteinen 30/60/90 Prozent Planungsfortschritt. In einem virtuellen Rundgang durch die Anlage werden sicherheitsrelevante Aspekte wie beispielsweise das Human Factors Engineering, die Flucht- und Rettungswege, Barrierefreiheit und sichere Bedienbarkeit von Armaturen in der Anlage überprüft. In jedem Bearbeitungsstadium werden sicherheitsbezogene Abweichungen identifiziert und korrigiert sowie Verbesserungspotenziale ermittelt.
Arbeitssicherheit von Anfang an: Vom HSSE-Rundgang zur Safety
Geht das Projekt in seine Umsetzungsphase und die Baustellenaktivitäten beginnen, spielt die Arbeitssicherheit des eigenen Personals sowie des Anlagenbetreibers und der Kontraktoren eine wichtige Rolle. Zur Gewährleistung der Sicherheit werden regelmäßige Unterweisungen zum Arbeits- und Gesundheits- sowie Umweltschutz durchgeführt. Damit werden die auf der Baustelle Agierenden für Sicherheitsaspekte sensibilisiert und Erfahrungen ausgetauscht. EDL führt zudem regelmäßig sicherheitstechnische Bewertungen der Kontraktoren für Ausrüstungsmontagen auf der Baustelle durch, wobei die Auswahl der Kontraktoren auf der Basis der nachgewiesenen Erfahrung und Einhaltung hoher Sicherheitsstandards erfolgt.
Vor Ort konnten sich Raffinerieleiter Ralf Seid und EDL-Geschäftsführer Daniel Oryan persönlich von der Einhaltung des HSSE-Managementsystems überzeugen. Zur Zufriedenheit aller Beteiligten verlief das Audit während des Turnarounds ohne Beanstandungen.(Bild: EDL)
Um noch einmal das Hylube 3-Projektes heranzuziehen: Hier wurde eine solche sicherheitstechnische Bewertung durchgeführt. Gemeinsam mit Vertretern des Kunden konnte sich EDL-Geschäftsführer Daniel Oryan davon überzeugen, dass die Anforderungen an den Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz eingehalten werden und keine Gefahrenquellen für das Personal der Puraglobe, der EDL und der Kontraktoren vorhanden sind – ein positiver Zwischenstand für alle Beteiligten.
Fazit: Um sicherheitsrelevante Maßnahmen zu entwickeln, ist eine Vielzahl an Schritten erforderlich, die ganzheitlich betrachtet Gefahren für Mensch, Maschine und Umwelt minimieren können. Mit dem richtigen Bewusstsein aller Beteiligten können eine sichere Arbeitsumgebung und sichere Arbeitsumstände gewährleistet werden, die alle Personen schützen. (dst)
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Dieser Beitrag Arbeitssicherheit und Unfallvermeidung in der Prozessindustrie stammt aus folgender Quelle www.process.vogel.de und wurde am 2023-11-22 13:27:20 veröffentlicht.