Laut Schätzungen soll bis 2035 rund die Hälfte der Weltbevölkerung übergewichtig oder fettleibig sein. Medikamente gegen Fettleibigkeit und Diabetes sind das neue Bonanza der Pharmaindustrie. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Präparate in acht Jahren genauso viel Umsatz generieren wie Krebsmittel, nämlich über 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Baselbieter Firma Bachem möchte als Zuliefererin solcher Wirkstoffe von dieser Entwicklung profitieren. Das Unternehmen mit Sitz in Bubendorf baut dazu seine Produktionsanlagen massiv aus. Firmenchef Thomas Meier sprach anlässlich der Präsentation der Jahreszahlen in Zürich fast schon euphorisch über die neuen Gewichtssenker. Es sei schwer eine Grenze des Wachstums zu erkennen, sagte er. Ob in sozialen Medien wie Tiktok oder in Wirtschaftsblättern wie «The Economist», neue Präparate zur Gewichtsabnahme sind in aller Munde. So wird etwa spekuliert, ob US-Promi Kim Kardashian – neben einer Diät und Training – das Medikament Wegovy zur Hilfe nahm, um noch schlanker zu werden. Tesla-Gründer Elon Musk gibt derweil unumwunden zu, auf Gewichtssenker zu setzen. Wegovy wurde ursprünglich als Diabetesmittel entwickelt. Während es bei Promis um ein Lifestyle-Medikament geht, ist Fettleibigkeit für viele ein grosses Problem. Übergewicht kann zu Diabetes, Schlaganfall oder Herzerkrankungen führen. Laut Schätzungen soll bis 2035 rund die Hälfte der Weltbevölkerung übergewichtig oder fettleibig sein. Das zöge Kosten von 4 Billionen Dollar nach sich – in Relation gesetzt, knapp 3 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Mit dem erwähnten Wegovy haben Studienteilnehmer innert eines Jahres zwischen 15 und 20 Prozent an Gewicht verloren. Dies im Vergleich zu Personen, die nur Diät gehalten und trainiert haben. Denn ohne Begleitmassnahmen ist der Erfolg der neuen Medikamente bescheiden. Ein weiteres Problem: Wird das Mittel abgesetzt, nimmt man zwei Drittel des Gewichts, das man verloren hat, wieder zu. Wegovy ist als Injektion in einem Fertig-Pen und nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich. In der Schweiz ist das Medikament zur Behandlung von Fettleibigkeit derzeit nicht zugelassen.

Zurück zu Bachem. Der Pharmazulieferer hat mutmasslich einen Grossauftrag mit dem US-Pharmakonzern Eli Lilly unterschrieben, der noch in diesem Jahr einen Gewichtssenker auf den Markt bringen will. Bachem macht, wie in der Branche üblich, die Namen seiner Kunden nicht öffentlich. Dem Präparat von Eli Lilly wird ein grosses Potenzial prophezeit, einige Finanzanalysten sprechen vom dereinst umsatzstärksten Medikament weltweit. Die Euphorie ist deshalb so gross, weil das Mittel besser wirken soll als seine Vorgänger.

Schon heute bereitet sich Bachem auf dieses potenzielle Wachstum vor. In Bubendorf wird für 550 Millionen Franken ein neues Produktionsgebäude erstellt. Nächstes Jahr soll ein erster Teil davon in Betrieb gehen, zwei Jahre später soll die Anlage fertiggestellt sein.

Mehr Umsatz, weniger Gewinn

Ein nächster Ausbauschritt ist auf dem Sisslerfeld im Fricktal geplant. Dort soll ein weiteres Werk für rund 700 Millionen Franken bis Ende des Jahrzehnts entstehen. Im Schnitt wird Bachem so pro Jahr rund 160 Millionen Franken in der Nordwestschweiz investieren, dies bei einem derzeitigen Jahresumsatz von 532 Millionen Franken.

Aus Sicht von Bachem sind diese hohe Investitionen nötig. Allein im vergangenen Jahr gab das Unternehmen neue Lieferverträge für Peptide bis 2029 mit einem Umsatzpotenzial von mindestens 1,2 Milliarden Franken bekannt. Dabei ist der Deal mit Eli Lilly der grösste Auftrag.

Wie rasch sich das Geschäft von Bachem beschleunigen wird, muss sich zeigen. Im abgelaufenen Jahr war das Wachstum mit knapp sechs Prozent eher bescheiden. Der Reingewinn sank wegen eines Nettoverlusts aus Wertschriften um 12 Prozent auf 100,7 Millionen Franken. Im laufenden Jahr rechnet Bachem mit einem signifikant höheren Wachstum als 2022.