Smart MaintenanceAnlagen und Fabriken verändern sich mit der Digitalisierung grundlegend. So erhalten die Betreiber z.B. mehr Daten aus der Produktion als bisher. Eine der Herausforderungen ist nun, diese Daten in Informationen, Erkenntnisse und Wissen umzuwandeln. Erst dann wird eine intelligente, vorausschauende Wartung und Instandhaltung möglich.

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Die Digitalisierung bietet neue Chancen für die Instandhaltung. ( Bild: ©torwaiphoto – stock.adobe.com ) Die Instandhaltung steht durch die zunehmende Digitalisierung vor großen Veränderungen. Bestand bisher die Aufgabe eines Instandhalters im Schwerpunkt darin, einen entstandenen Schaden zu reparieren, gehen moderne Konzepte verstärkt in Richtung zuverlässigkeitsgetriebene Instandhaltung. IT-Programme zur Datenanalyse können diesen Prozess unterstützen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei der Markt und die geforderte Verfügbarkeit – beides bestimmt die Instandhaltungsstrategie. Nur einige Beispiele: Es macht einen Unterschied, ob ein Dreischicht- oder ein Normalbetrieb gefahren werden und ob der Produktionsleiter das Ziel maximaler Output, maximale Energieeinsparung oder maximale Kosteneffizienz verfolgt.Im Moment stehen viele Unternehmen vor einer extrem guten Nachfragesituation. Folglich liegt der Fokus auf einer maximalen Anlagenverfügbarkeit. Die Instandhaltung fokussiert sich also auf das produktionskritische Equipment (PCE) und versucht, mit präventiven und prädiktiven Maßnahmen Stillstände zu vermeiden.
Smart Data bietet neue MöglichkeitenCondition Based Monitoring erlebt aufgrund von „smart data“ eine Renaissance. Gleichzeitig helfen Tools wie die Root Cause Analysis (RCA) oder die Auswirkungsanalyse Failure Mode and Effects Analysis (FMEA) bei der Optimierung von Instandhaltungsprozessen. So konnte mit diesen Methoden die Produktion eines extrem säurehaltigen Produkts, bei der eine starke Korrosion in den Rohren problematisch war, analysiert werden. Die FMEA-Analyse ergab, dass nicht die Säure stark abrasiv wirkte, sondern die Durchflussgeschwindigkeit und die Temperatur die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Korrosion waren. Nachdem die Parameter verändert wurden, fielen die betreffenden Anlagenteile nicht mehr aus. Konzentration auf wichtige Schwachpunkte Darüber hinaus entwickeln viele große Unternehmen in den Sektoren Oil & Gas oder Chemie globale Initiativen, um ihre Daten auf den aktuellen Stand zu bringen. Da gilt es, z.B. die Daten der instandhaltungsrelevanten Master Data in Instandhaltungsplanungs- und -steuerungssysteme (CMMS) zu überführen.T.A. Cook hilft hier mit Kritikalitätsanalysen, die den Schweregrad und die Häufigkeit von Ausfällen in den Bereichen Sicherheit, Umweltschutz und Produktion bewerten. Gleichzeitig können die physisch instand zuhaltenden Systeme als digitaler Zwilling im CMMS abgebildet werden. Für die Instandhaltung ist dies die Chance, gefahrlos verschiedene Strategien bei Anlagenumstellungen, Shutdowns und Turnarounds zu simulieren und zu testen. Und mit aktuellen Prozessdaten können Instandhalter auch ganz gezielt Anlagenauswertungen auf der Basis von Technical Groups oder Technischen Plätzen fahren.
Kritikalitätsanalysen erlauben Bad Actors und das Production Critical Equipment (PCE) zu bestimmen. Mit Root Cause Analysen (RCAs) und den Auswirkungsanalysen Failure Mode and Effects Analysis (FMEA) lassen sich strukturiert mögliche Fehler nach ihrer Bedeutung für die Produktion, ihrer Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf ihre Entdeckung und ihr Auftreten beurteilen. Oft sind sich Anlagenbetreiber nicht klar wie viele PCE tatsächlich vorhanden sind und greifen zu hoch. Eine Anzahl von z.B. mehr als 1000 PCE ist nicht operabel. Mit Pareto-Analysen, also welche 20 bis 25 Prozent der Teile für 80 bis 90 Prozent der Ausfälle verantwortlich sind, kommt man schneller zum Erfolg. Mit solchen Kritikalitätsanalysen lassen sich die Kosten der Instandhaltung senken. Instandhaltungsaktivitäten werden punktgenau da durchgeführt, wo sie den höchsten Effekt erzielen. Außerdem werden geplante Wartungsmaßnahmen grundsätzlich immer günstiger ausgeführt als ungeplante. Chance durch die DigitalisierungAuf dem Weg zur digitalen Transformation suchen Unternehmen nach immer besseren Methoden der Datenerfassung und vor allem -analyse, mit der sie aus zunächst unstrukturierten Informationen entscheidungsrelevante Fakten ziehen können. Mobiles Monitoring wird in Echtzeit wirtschaftlich möglich, und mit Edge-Computing können Daten direkt im maschinennahen Raum analysiert werden. Die dadurch entstehende Transparenz liefert Entscheidungshilfen, die durch Cloud-basierte intelligente Algorithmen ergänzt wird. Auch Google und Amazon bereiten sich auf neue Industriemodelle vor, mit denen sie riesige Datenbestände mittels künstlicher Intelligenz auswerten können. Allerdings haben Betreiber und Anlagenhersteller ein großes Interesse daran, ihr spezifisches Wissen und ihre Kernkompetenzen zu erhalten. Deshalb liegt ein Fokus auf dem sinnvollen und vor allem sensiblen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Daten. Dafür müssen vorab Parameter festgelegt werden, wer welche Daten zu welchen Aktivitäten nutzen darf. Ein Betreiber möchte z.B. nicht, dass ein Hersteller von Pumpen oder anderen Aggregaten steuernd in seine Prozesse eingreift. Hinweise und Empfehlungen sind sinnvoll, aber an den Betreiber zur Umsetzung zu übergeben. Oft hat das Outsourcing von Leistungen zur Folge, dass Kernkompetenzen im Unternehmen verloren gehen. Ähnliches könnte geschehen, wenn Daten und damit verbundenes Wissen ohne ausreichenden Schutz an Externe gegeben werden.Ergänzendes zum ThemaNachgefragt bei Dieter Körner, Geschäftsführer und Partner von T.A. Cook„Nur wenn man die Prozesse versteht, macht eine Digitalisierung Sinn!“Idealerweise liegt der Maintenance Costs Indicator in der Petrochemie und der chemischen Industrie zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Je nach Marktsituation ist eine hohe Verfügbarkeit von 95 bis 98 Prozent oder eine niedrigere von vielleicht 90 Prozent erforderlich. Dementsprechend reduzieren oder erhöhen sich auch die Instandhaltungsaufwendungen. Viele Unternehmen setzen jedoch auf statische Modelle. Mit der Folge, dass die Instandhaltungskosten meist im Bereich von drei bis fünf Prozent liegen. Diese Kosten lassen sich senken, ist Dieter Körner, Geschäftsführer und Partner von T.A. Cook, überzeugt.? Herr Körner, wie findet man die richtige Maintenance-Strategie? Dieter Körner: Die Maintenance-Strategie ist immer Equipment bezogen. Am schnellsten kommt man zum Erfolg, wenn man Tools und Konzepte verwendet, die das Production Critical Equipment (PCE) adressieren. Hier lassen sich die größten Multiplikatoreffekte realisieren – vor allem, wenn das Unternehmen gleiche Anlagen an mehreren Standorten im Einsatz hat. Wenn man bei den kritischen Anlagenteilen mit intelligenten Instandhaltungsstrategien, wie mit vorbeugender oder vorausschauender Wartung, ungeplante Stillstände signifikant reduziert, dann erhöht dies natürlich die Verfügbarkeit und den Output. ? Welche neuen Technologien sind derzeit die wesentlichen Treiber? Körner: Ich würde hier den schnellen Mobilfunkstandard 5G und die Datenkommunikation über das Time Sensitive Networking (TSN) nennen. Es gibt Unternehmen an großen Chemiestandorten, die bemühen sich um 5G-Lizenzen. Sie brauchen die hohe Geschwindigkeit zum Datenaustausch. Wenn bei einem Shutdown oder Turnaround mehrere hundert Instandhalter auf dem Gelände sind, braucht jeder Tablet-PC einen Echtzeitzugang zu einem SAP-System. Das funktioniert gar nicht mit 4G oder nur sehr teuer über WLAN-Systeme. Und über TSN wird die Zusammenarbeit in der Instandhaltung wesentlich intensiver gestaltet, denn sowohl Produktionsleiter als auch Instandhalter zapfen die gleichen Datenquellen an und brauchen ähnliche Daten.? Wann gibt es den digitalen Instandhalter? Körner: Bevor man den digitalen Instandhalter fordert, muss man die Prozesse verstehen, in denen ein Instandhalter eingebunden ist. Es macht wenig Sinn, punktuell Mobile Devices und Smart Glasses in die Abläufe zu integrieren. Zuvor gilt es, ein solides Fundament, wie einen optimierten Work-Order-Management-Prozess – von der Meldung über die Planung bis hin zur Fertigmeldung – zu schaffen. Viele Unternehmen machen aber den zweiten Schritt vor dem ersten und sind enttäuscht von der resultierenden geringen Produktivitätssteigerung. Herausforderung bei der Umsetzung – der MenschViele Betreiber haben unterschiedliche Herangehensweisen und Schwerpunkte bei der Digitalisierung ihrer Anlagen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass der Business Case oft nicht klar formuliert ist. Es fehlen konkrete Pläne, wie die praktische Umsetzung in die Prozesse erfolgen soll. Meist wird viel über Technik gesprochen – aber der Mensch ist der wesentliche Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung. Das erfordert ein Umdenken in den Unternehmen hin zu mehr Transparenz und Einbeziehung der Mitarbeiter bei der digitalen Strategie, diese müssen geschult, vorbereitet und häufig auch beruhigt werden. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung sind deshalb klare Strukturen und eine durchlässige Organisationsform, die den Wandel unterstützt, forciert, fordert.Ausblick: Change Management ist die Chance für die Digitalisierung! Nur wenn man vorher Prozesse strukturiert, Organisationen sauber aufstellt und Mitarbeiter beteiligt, kann man Digitalisierungsinitiativen erfolgreich angehen. Viele haben Angst vor Veränderungen. Deshalb müssen die Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Ebenen von Anfang an in den Veränderungsprozess eingebunden werden. Sicher ist, dass Produktion und Instandhaltung in den nächsten zehn Jahren stärker zusammenwachsen werden. Mit verbesserter Analytik und Algorithmen wird es der Instandhaltung gelingen, konkrete wertsteigernde Empfehlungen für die Anlagenbetreiber zu geben. Selbstverständlich müssen Maschinen weiterhin gewartet werden, aber mögliche Störungen lassen sich dann viel früher prognostizieren und damit ungeplante Ausfälle vermeiden. * * Der Autor ist Geschäftsführer und Partner von T.A. Cook, Berlin. Kontakt: Tel. +49-30-884307-27; www.tacook.com
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