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Wie Ima Pharma im Turn-Key-Geschäft an die Spitze will

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Weg von der Einzelmaschine hin zur Komplettanlage – das wollen viele Zulieferer in der Pharmaproduktion. Entsprechend umkämpft ist das Turn-Key-Segment. Der neue kaufmännische Direktor Thomas Fricke verrät im PROCESS PharmaTEC-Interview, wie er IMA Pharma im Wettbewerb positioniert, wo er die Unternehmensstärken sieht und warum man die chinesischen Marktbegleiter genau im Auge behalten sollte.

All-In-One-Pharma – der neue Slogan mit dem IMA Pharma in diesem Jahr auf der Achema aufgetreten ist, sendet definitiv eine selbstbewußte Botschaft aus: an den Pharmamarkt und die Marktbegleiter gleichermaßen. Schon die erste Aussage des neuen kaufmännischen Direktors Thomas Fricke unterstreicht dieses Selbstverständnis und lässt wenig Zweifel aufkommen, das man sich dem Wettbewerb gegenüber gut aufgestellt sieht. Es sei für ihn einfacher, dem Kunden aufzuzählen, was Ima nicht liefern könne, als alles was man entwickele und liefere, um eine komplette Verarbeitungs- und Verpackungslinie zu schaffen.

Der studierte Maschinenbauer Fricke, seit 30 Jahren bei Ima Pharma, kennt den Pharmamarkt und seine Wandlungen aus dem Effeff. Als Sales Manager bei IMA Deutschland und später als Geschäftsführer derselben Niederlassung hat er das Vertriebs- und After Sales Geschäft aufgebaut. Früher sei es schwierig gewesen, italienische Pharmaanlagen in Deutschland zu verkaufen, erzählt er.

Doch das hat sich gründlich gewandelt. Auch weil Ima sich nicht zu fein war, die Pharma-KMUs zu bedienen, die sich gelegentlich von den anderen Verpackungscracks stiefmütterlich behandelt fühlten. Entscheidender Faktor sei der Aufbau eines großen dezentralen Servicenetzes mit deutschen Muttersprachlern gewesen, die auch im tiefsten Bayern dem Techniker an der Maschine in Deutsch Rede und Antwort stehen konnten, sagt Fricke. „Unsere Kunden können sich 100prozentig auf uns verlassen“, betont er.

Erfolgreich dank flächendeckendem Support

Das internationale Servicenetz ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Ima Group – nicht nur im Pharma- sondern auch im Food-, Kosmetik- und Consumer-Bereich. Und Resultat zahlreicher Akquisitionen und Mergers durch die Ima seit der Gründung 1961 extrem schnell gewachsen ist. Eine Strategie, die sich auszahlt, schließlich bringt jedes gekaufte Unternehmen ein eigenes Vertriebsnetz und damit Zugang zu Kundenpotenzial mit. Erst im Mai 2021 ist Thomas Engineering dazu gekommen, ein US-amerikanischen Hersteller von Anlagen zur Beschichtung von Tabletten. Mit der Akquisition erweitert das Unternehmen seine Präsenz auf dem nordamerikanischen Markt.

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„Wir haben Techniker in allen Bereichen der Welt, auch in politisch unruhigen Ländern,“ betont Fricke. Corona hat das Servicegeschäft nun noch einmal auf ein neues Level gehoben. Zum Beispiel in China. Musste früher für den Aufbau einer High Speed-Anlage ein italienisches Spezialisten-Team einfliegen, kann heute „remote“ Unterstützung angefordert werden. 50 Mitarbeitende umfasst das Serviceteam in Tianjin, die weitgehend selbstständig arbeiten „mit phantastischen Reaktionszeiten.“

Der Wettbewerb schläft nicht

Trotz allem ist der Markt nach wie vor eng – Kundenbeziehungen das A+O in der Branche. Mit den Maschinenbauern im schwäbischen Packaging Valley liefert sich Ima ein permanentes technologisches Kopf an Kopf-Rennen. Doch mittlerweile sieht sich Fricke gegenüber Optima, Syntegon, Bausch+Ströbel, Groninger, Uhlmann auf Augenhöhe und teilweise auch vorne.

Das betrifft nicht nur, aber besonders, das System-Geschäft das in der Pharmaindustrie mittlerweile übliche Praxis ist. Die Pharmakunden fragen seltener Einzelmaschinen an sondern häufiger komplette Systeme, sagt er. Und hier wähnt er Ima deutlich im Vorteil, weil es kaum noch Lücken im Angebot gäbe. „Wir übernehmen für den Kunden Turn-Key-Lösungen, also die komplette Koordination, Projektierung, Planung, Organisation, FAT, Installation und später den Service. Das versuchen andere auch, aber es gibt keinen, der unser Portfolio anbieten kann“, betont der kaufmännische Direktor. Ima sei mittlerweile so etabliert, „dass man bei vielen Projekten dabei ist, da es nicht viele Anbieter gibt, die das Prinzip alles aus einer Hand – All-In-One so anbieten und leben wie wir“, betont Fricke.

Systemlösungen machen einen Großteil des Geschäfts aus

Das gilt u.a für die von Ima Life angebotenen Sterilapplikationen und die Verpackungslösungen von Ima Safe. 80 Prozent des Parenteralia-Geschäfts seien komplette Linien vom Denester und der Waschmaschine bis zum Gefriertrockner, auch deshalb, weil der Prozess in der Regel keine Unterbrechungen erlaube.

Als zweitgrößten Bereich nennt Fricke Ima Safe, das auf 60 Prozent Systemlösungen kommt. Man habe gerade ein neues Ima-Werk errichtet, um die kompletten Linien zur FAT aufstellen zu können. Aber auch Ima Active zieht nach, getrieben von onkologischen Präparaten, wo das Unternehmen große Umsatzzuwächse verzeichnet.

Hier geht es z.B. um Containment: „Wir können komplett alles liefern, von der Einwaage über das Mischen, Granulieren Verpressen und Coaten sowie abschließend der Blistermaschine,“ betont der kaufmännische Direktor. Aber auch Kapselfüller sind im Angebot.

Vor allem ein Trend spielt den Italienern in die Karten: Big Pharma lagert schon seit Jahren ganze Unternehmensbereiche aus und konzentriert sich auf Forschung und Marketing sowie die Produktion komplexer Arzneimittel. „Zum Teil schrumpfen Pharmaunternehmen Einkaufsabteilungen um die Hälfte. Engineering-Abteilungen werden reduziert. Statt dessen setzt man auf Consultants“, erklärt Fricke. Die aber seien zwar gut darin, zu beraten und informieren, übernähme aber keine Verantwortung für die spätere Funktion der Anlage. Ima hingegen übernähme als Turn-Key-Supplier „Verantwortung für das, was der Kunde wirklich haben möchte und für die Funktion der Anlage“.

Warum Lieferengpässe Ima weniger treffen als andere

Als größte Herausforderung für alle Zulieferer sieht Fricke gerade die Verfügbarkeit elektronischer Komponenten. Nicht nur Elektronik- oder Autoindustrie leiden unter Lieferengpässen, auch die Pharmaproduktion ist mittlerweile hochautomatisiert. Kabel, Klemmen, Stecker und Schalter bis hin zu PC-Baugruppen oder Netzteilen – all das braucht man auch für die Ausstattung der Pharmamaschinen. Wer hier gleich große Mengen einkauft, hat gegenüber Einzelbestellern die Argumente klar auf seiner Seite. Der Ima-Einkauf ist am Stammhaus in Bologna zentralisiert und verfügt dank des Umsatzes von 1,7 Milliarden jährlich über ein beachtliches Einkaufsvolumen. Auch aus diesem Grund könne man selbst in der jetzigen Situation Lieferzeiten größtenteils einhalten, „weil wir als Kunde für unsere Lieferanten und Komponentenhersteller interessanter sind“.

Auch ein weiterer Faktor treibt das Geschäft. Pharmaunternehmen gleichen den Betrieb von Produktionsstätten international an und definieren weltweite Maschinenstandards. Für die Pharmaproduzenten bedeutet das: mehr Einheitlichkeit beim Einkauf, günstigere Einkaufspreise und reduzierte Lagerhaltung. Auch der Transfer von Arzneimitteln innerhalb der Werke wird so für die Hersteller deutlich einfacher, weil sich Produktionsparameter besser übertragen lassen. Wer sich, wie Ima, hier als „preferred supplier“ etabliert, hat in der Regel das große Los gezogen.

China will weg vom Image der Werkbank – Was bedeutet das für Pharmazulieferer?

Das Pharmageschäft ist international: Nordamerika, Europa, die BRIC-Länder, Asien. Ima ist deshalb wie die meisten Pharmamaschinenbauer stark Export orientiert. Darum beobachtet Fricke die internationalen Märkte sehr genau. Und was er da sieht, stimmt ihn nur teilweise glücklich. So verzerrt, seiner Meinung nach, der zunehmende Protektionismus mancher Länder den Wettbewerb und verteuert Importe, wie das Beispiel Brasilien zeige. Wer nämlich dort eine Maschine verkauft, die man auch lokal herstellen kann, zahlt als Importeur 20 Prozent mehr.

Chinas Pharma-Ausrüstermarkt 2020: Aktueller Status, Trends und Handlungsempfehlungen“

Mit aktuell über 4.800 Pharmaproduzenten bietet der chinesische Markt weiterhin riesige Chancen für die globale Ausrüsterbranche. Dieser 40-seitige englischsprachige Report soll Ihnen dabei helfen, ein besseres Verständnis des gegenwärtigen chinesischen Pharmamarktes zu gewinnen. Basierend auf Umfrageergebnissen unter Anwendern in der pharmazeutischen Industrie sowie Experteninterviews zeigt der Report eine Branchen-Prognose auf und gibt Handlungsempfehlungen für Ihre zukünftigen Betriebs- und Investitionstätigkeiten in China.

Zu einer echten Herausforderung entwickelt sich der chinesische Markt. Schon länger ziehen die chinesischen Maschinenbauer mit europäischen gleich oder kaufen sich Know-how und Marktzugang ein. Prominente Beispiele sind der Verkauf von Kuka an den chinesischen Elektronikriesen Midea oder der von Putzmeister an Sany einiger Jahre früher. Seit 2017 gehört auch ein Pharmamaschinenbauer einem chinesischen Konzern. Als Truking sich im Jahr 2017 Romaco einverleibte, stand die Branche Kopf, weil keiner wusste, was nun aus den Karlsruhern werden würde. Jetzt drängen andere chinesische Pharmamaschinenbauer auf den europäischen Markt: Tofflon, zum Beispiel, will sich in Deutschland etablieren und streckte auf der Achema seine Fühler aus. Und die Chinesen bringen Geld mit – kaufen sich Know how und Mitarbeitende gezielt ein, weiß Marktbeobachter Fricke.

Seit jedoch die Regierung die „Made in China 2025“-Strategie verfolgt, sind viele Maschinenbauer noch hellhöriger geworden. Know how-Abfluss war immer schon ein Thema sagt Fricke. Aber 2015 hat China die Pharmaproduktion als strategischen Schwerpunkt definiert und arbeitet an der Unabhängigkeit von ausländischen Produzenten. Die heimischen Behörden erwarten daher, dass bei Ausschreibungen für Turn-Key-Projekte zumindest ein lokaler Anbieter mit bietet. „Im besten Fall ist es die eigene Tochter“, erklärt Fricke. Auch Ima investiert daher in seine chinesische Produktion, um für künftige Anforderungen gerüstet zu sein.

Standards und Sustainability – wichtige Treiber des Geschäfts

Und nun kommt auch noch das Thema Nachhaltigkeit dazu, angesiedelt bei Ima Zero. „Der Zulieferer soll den Pharmaunternehmen helfen nachhaltig zu werden“, erklärt Fricke. Das heißt, Packmittel- und Energieverbrauch zu reduzieren, es gehe aber auch um Compliance entlang der Lieferkette.

Entsprechende Entwicklungen sind Aufgabe des „„OPENLab“ in dem Ima-Techniker gemeinsam mit Wissenschaftlern z.B. an Maschinenlösungen tüfteln, die neues, nachhaltiges Packmaterial verarbeiten können. U.a. geht es um Alternativen zu den Blisterfolien, die momentan aus Verbundkunststoffen bestehen, genauso gut aber auch aus Monomaterialien hergestellt werden könnten. Ima arbeite gerade an Papierblistern und spreche mit Pharmaunternehmen über Einsatzmöglichkeiten. Im übrigen sei das neue Ima-Werk als erstes komplett energieneutral und damit ein Meilenstein in der Unternehmensentwicklung. Ein weiterer Grund, warum Ima überzeugt ist, für die Zukunft gut gerüstet zu sein.

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Dieser Beitrag Wie Ima Pharma im Turn-Key-Geschäft an die Spitze will stammt aus folgender Quelle www.process.vogel.de und wurde am 2022-11-03 10:49:00 veröffentlicht.

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